Grundsätzlich: Können wir den verständlichen Zorn von "Warum hat nie wer die Pappen aufgemacht?" so formulieren, dass nicht die immerselben Typen was dazu sagen, sondern die Stimmen der Opfer Gehör finden können, auch jetzt und wenn es Jahre später ist? Und es ihr Thema wird?
Weil wenn jetzt noch ein alter Sexist zu einem andern alten Sexisten "Du Sexist!" sagt, dann schlafen mir ein bisschen die Füße ein.
Also wie ich 19 war, hat mich ein Typ meinen Job gekostet, weil ich ahnungslos seine Hand von meiner Schulter nahm vor der gesamten Redaktion und doppelt ahnungslos sagte "Ich mag das nicht so." Und ich dachte damals, ich wurd rausgeworfen, weil ich nicht schreiben konnte.
Als ich die Geschichte anlässlich von #metoo einer Runde von älteren Typen erzählte, um ihnen zu verdeutlichen, um wie wenig es ging, haben sie gesagt: "Aber vergewaltigt hat er dich nicht?".
Und als ich dann sagte, ich hab dann noch drei Anläufe gebraucht um zum Schreiben zu kommen, haben sie es nicht verstanden.
Und jedesmal, wenn ich ihn im Fernsehen seh, als Experte, könnt ich schreien, bin mir aber sicher, er weiß nicht mal meinen Namen mehr.
Und irgendwann kam ein lieber Kollege, der meine Aussage bezweifelt hat, und hat gesagt: Es tut mir leid, dass ich dir nicht geglaubt hab, jetzt ist er meiner Schwester zuwegstiegen.
Was ich damit sagen will: Die Bandbreite, in der man entmutigt wird, ist sehr groß, und nicht immer rechtlich belangbar, und oft sagt wer "das bildest dir ein" aber immerhin ist es erzählbar, und manchmal halt ohne Namen.
Und es gibt viele Frauen in der Branche, die viele Namen wissen, aber ich find, es ist nicht ihre Bringschuld.
Ich war sehr stolz auf mich damals, weil ich hab mich ordentlich beworben und dachte, vielleicht kann ich das. Dann halt eine Weile nicht mehr. Und wie gesagt, das ist eine im Kontext eine sehr harmlose Geschichte und nur ein Beispiel. Aber sagt's nicht gar so laut "gusch" bitte.
Und das ist eben auch #metoo : Eine sehr unspektakuläre Geschichte von einer Hand und einer Schulter und einem Satz und einer Kündigung und dem Glauben, ma kann nix. Ich hab es tatsächlich erst dann verstanden.
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