Wen es schon immer interessiert hat, warum das @rki_de zumeist eine (viel) zu niedrige Inzidenz veröffentlicht, dem möchte ich in diesem Thread die Gründe hierfür offen darlegen

Vorab:
Die Gesundheitsämter der LK/Städte beeinflussen mit ihrem Meldeverhalten die Inzidenz!

(1/-)
Beispielhaft möchte ich am Bundesland #Sachsen und deren Landkreise/Städte die gemeldeten Zahlen des #RKI zu den Fallzahlen, die zur Rechnungsgrundlage dienen, gegenüberstellen und somit die Diskrepanz beweisen

Aktuell liegt die Inzidenz beim RKI ~12% niedriger!

(2/-)
Die 7-Tage-Inzidenz wird berechnet:
Summe der Neuinfektionen der letzten 7 Tage x 100.000 / Einwohnerzahl

Im RKI-Dashboard kann man beim Klick auf das Bundesland, den Landkreis bzw. der Stadt die vielfältigsten Fallzahlen herausfiltern und natürlich auch dokumentieren

(3/-)
Für Sachsen gilt heute eine Gesamtzahl der #Corona-Infektionen von 216.308 - vor 7 Tagen waren es 208.150

Das ist eine Differenz von 8158 Fällen
8.158 x 100.000/4.071.971 = 200,345 Inzidenz

Veröffentlicht werden aber nur 176,4 zzgl. 7182 aktive Fälle werden nur berechnet

(4/-)
Woher kommt nun die Differenz von ~1000 Fällen und somit von ~12 Prozent?

Die Inzidenz-Berechnung beim RKI ist grundsätzlich nicht falsch, sie orientiert sich weiterhin auf den 7 Tage-Zeitraum. Aber hier spielen die "Meldetage" der Landkreise/Städte eine bedeutende Rolle!

(5/-)
Meldedatum - Erläuterung beim RKI:

"Für die Darstellung der neuübermittelten Fälle pro Tag wird das Meldedatum verwendet – das Datum, an dem das lokale Gesundheitsamt Kenntnis über den Fall erlangt und ihn elektronisch erfasst hat."

(6/-)
Weiterhin heißt es:

"Zwischen der Meldung durch die Ärzte und Labore an das Gesundheitsamt und der Übermittlung der Fälle an die zuständigen Landesbehörden und das RKI können einige Tage vergehen (Melde- und Übermittlungsverzug). "

(7/-)
Weiter:

"Jeden Tag werden dem RKI neue Fälle übermittelt, die am gleichen Tag oder bereits an früheren Tagen an das Gesundheitsamt gemeldet worden sind. Diese Fälle werden in der Grafik Neue COVID-19-Fälle/Tag dann bei dem jeweiligen Datum ergänzt." (Erläuterung - Ende)

(8/-)
Wie diese Meldetage aussehen, soll am Beispiel Dresden nähergebracht werden:

Dresden meldete +180 neue #Corona-Fälle, die sich aber nicht nur auf das aktuelle Datum beziehen, sondern auch auf viele Tage in der Vergangenheit. Einige fallen aus der Inzidenzberechnung heraus

(9/-)
Das Gesundheitsamt Dresden hat in den letzten 7 Tagen 800 Neuinfektionen gemeldet:

20.3. +76
21.3. +85
22.3. +29
23.3. +131
24.3. +181
25.3. +118
26.3. +180

Als "Fälle letzte 7 Tage" werden aber nur 677 in der Inzidenz-Berechnung herangezogen = 123 weniger

(10/-)
800 #Corona-Fälle x 100.000 / 556.780 Einwohner ergibt eine Inzidenz von 143,7 - aber veröffentlicht werden nur 121,6

Dadurch das beim letzten (aktuellen) Tag der Meldung nicht die Gesamtzahl der Neuinfektionen taggenau einfließt, sondern auch auf die vergangenen Tage...

(11/-)
...verteilt werden, fällt die eigentliche Zahl des letzten Meldedatums immer geringer aus.

Da die Inzidenz binnen 7 Tage berechnet wird, werden demnach auch nur diese Zahlen im Meldezeitraum erfasst.

Die Gesundheitsämter der LK/Städte können somit die Inzidenz drücken!

(12/-)
Anhand vom LK Bautzen kann man gut erkennen, wie man nur einen 6-Tage-Zeitraum erstellen kann, indem ich den aktuellen Tag (fast) komplett auslasse und nur in den dahinter liegenden Tagen die Meldungen integriere!

Diese Form der Meldung vollziehen natürlich auch Andere!

(13/-)
#Bautzen hat zwar in den letzten 7 Tagen 518 neue Fälle gemeldet, es werden aber beim RKI nur 410 berechnet.
Das sind 108 weniger = 20,58%, die in der Inzidenzberechnung keine Berücksichtigung finden!

Statt einer Inzidenz von 172,8 ergibt sich eine Inzidenz von nur 136,8

(14/-)
#Bautzen - Berechnung:

Summe aus
20.3. +84
21.3. +61
22.3. +3
23.3. +11
24.3. +143
25.3. +96
26.3. +120

518 #Corona-Fälle x 100.000 / 299.758 Einwohner = 172,81 Inzidenz

Als aktiv werden beim RKI aber nur 410 C-Fälle angesehen -> 136,8 Inzidenz

(15/-)
Diese Möglichkeit der Meldung kann man sich zunutze machen, wenn es darum geht eine gewisse Inzidenzgrenze nicht überschreiten zu dürfen

Sogesehen kann man bei einem gewissen Grad von Infektionen wochenlang unter der Marke 100 bleiben, obwohl man schon lange drüber liegt

(16/-)
Zwar werden die Meldetage nachträglich summiert, die in den Folgetagen dazu gekommen sind, aber durch die fehlende oder sehr geringe Meldung am aktuellen (letzten) Tag, senkt sich der Inzidenzwert.

Hinzu kommen Nachmeldungen, die außerhalb der 7 Tage liegen.

(17/-)
Als Nächstes folgt eine detaillierte Darstellung am Beispiel Bautzen, wie RKI die letzten 7 Tage berechnet:

Man erkennt den jeweiligen 1.Tag "ohne" Meldezahlen und vorrangig die Meldung zum 2. Tag.
Zur Berechnung finden nur die Zahlen der letzten 7 Tage Beachtung (Bild).

(18/-)
Für #Sachsen erkennt man sehr gut, dass fast alle LK/Städte diesen Weg der "Verzugs"-Meldungen gehen, ohne Absicht unterbreiten zu wollen. Aber es hat einen markanten Einfluss auf die Inzidenz und einen faden Beigeschmack, weil es die "wahre" Inzidenz nicht wiederspiegelt

(19/-)
Wie in den Dashboard-Darstellungen von Bautzen und Dresden ersichtlich war, sei im nachfolgenden für alle LK/Städte Sachsen die Datengrundlage gesamthaft aufgeführt

Die Verteilung der aktuellen Meldung auf mehrere Tage ist erkennbar wie die geringe Meldung zum 1. Tag

(20/-)
Für ein paar Ungenauigkeiten in der Erfassung bzw. Berechnung von Fallzahlen, die nur einen kleinen Bruchteil ausmachen, sind die Angaben beim RKI geschuldet, was in ein paar Beispielen bildhaft dargestellt wird.

Mit mouseover über den Balken erscheint die Summenzahl.

(21/-)
Im Dashboard-Balkendiagramm für #Sachsen veröffentlicht RKI 1.484 neue #Corona-Fälle. In der Summe sind es aber 1.497 Fälle.

Einige Gesundheitsämter der LK/Städte melden Fälle weit zurück (bis 2 Monate), die sich in der Inzidenz nicht mehr wiederfinden.

(22/-)
Schließlich wiegt auch die Erkenntnis, dass beim RKI keine endgültige Inzidenz tagaktuell vorherrscht, sondern diese sich durch die täglichen Nachmeldungen zum bestimmten Meldetag nachträglich erhöht.

Im Nachhinein gibt es leider keine Berichtigung der vergangenen Zahlen

(23/-)
Die Annahme dass die Zahl der neu gemeldeten Fälle tagaktuell zutrifft, ist leider falsch. Sie verteilen sich auf verschiedene Tage; heute, in der Vergangenheit und werden täglich hinzu berechnet. Eine wahre Inzidenzberechnung müsste täglich rückwirkend berichtigt werden.

(24/-)
Jedoch birgt die Meldung der Gesamtsumme der neuen Infektionszahlen am Stichtag rückwirkend auf vergangener Tage Gefahr, den 7-Tage-Zeitraum in der Inzidenz-Berechnung zu umgehen.

Im schlimmsten Fall melden die LK/Städte nur Fälle, die außerhalb der letzten 7 Tage liegen

(25/-)
...dann nämlich wäre die Inzidenz trotz tausender Fälle gleich Null.

Je weniger Fälle dem aktuellen Stichtag zuzuweisen sind, je niedriger fällt die Inzidenz aus.

Eine Dehnung oder übergreifende 7-Tage-Inzidenz-Berechnung gibt es nicht

- Danke für ihre Aufmerksamkeit! -

(end)
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