Es ist etwas in den vergangenen Jahren in den USA geschehen. Schauen wir uns einmal an, was den Trumpismus, den die GOP komplett angenommen zu haben scheint, ausmacht - dort finden wir faschistische Tendenzen. Oft wird als Argument gebracht, das ginge nicht,
denn Trump sei eine ur-amerikanische Figur und könne damit keine faschistischen Züge habe. Das ist eine Lesart der Geschichte, die wenig mit der Realität zu tun hat und durch die Brille des amerikanischen Exzeptionalismus schaut.
Denn: schon das Erbe der Confederacy, das im KKK und in White Supremacy weitergetragen wird, das sich in Teilen des christlichen Nationalismus wiederfindet, trägt faschistische Züge. Es ist der Glaube an White Supremacy, ein Kernkonzept des Faschismus,
Erst heute twitterte er Unterstützung für einen Autokorso seiner Unterstützer in Texas, der versuchte, Fahrzeuge des Biden/Harris Teams von der Autobahn abzudrängen, zum Halten zu bringen und zu gefährden.
Seine Anhänger:innen reagieren auf seinen Rallies auf die Erzählungen oder Fantasien von Gewalt gegen politische Gegner:innen euphorisch - weiße Militias haben sich seine Worte zu Herzen genommen und angekündigt, nach der Wahl zur Not zu den Waffen zu greifen.
Damit einhergeht die Verachtung für alles, was als "weiblich" wahrgenommen wird: Kompromisse einzugehen, Emotion zu zeigen (siehe der Versuch, Bidens Unterstützung für seinen Sohn negativ zu framen), Konflikte nicht mit Gewalt, sondern mit Worten zu lösen.
Schon 2016 schien er besessen von Hillarys angeblich fehlender "Durchhaltekraft", er posiert breitbeinig, propagiert eine Mischung aus Haudrauf-Haudegen und amerikanischem Cowboy. Diktatoren lobt er, sagte über Erdogan, er sei ein "tougher Kerl" und "verdiene Respekt"
4. Führerkult
Die GOP hat dieses Jahr kein neues Wahlprogramm aufgestellt - ihr Programm ist Trump. Trumpismus ist ein Personenkult, sei es betrieben von QAnon-Fans, die ihn für den Retter von angeblich gekidnappten Kindern sehen oder christliche Nationalisten, die in ihm...
...ihren Retter sehen. Im Geschenkshop des Weißen Hauses wird er in Produktbeschreibungen als Superheld beschrieben, Republikaner:innen preisen ihn als quasi übermenschlichen Anführer.
5. Mythisierung der Vergangenheit:
Trump evoziert so oft die "gute alte Zeit" - als Männer noch Männer waren, es keine politische Correctness gab, man Störenfriede verprügeln konnte (oder Schlimmeres) - als Amerika weißer war, als es jetzt ist. Gleichzeitig wird ein kitschiges...
...Bild einer "guten alten Zeit" gemalt. Das deckt sich mit christlichem Nationalismus - das Zurücksehnen nach einer Vergangenheit, die es in dieser revisionistischen Form nicht gegeben hat: wie der Glaube, das die USA als christl Nation gegründet worden seien.
6. Extreme Feindbilder und Sündenböcke:
Trump zeichnet die Demokraten als bösartige Menschen, die Amerika in den Ruin stürzen wollen. Seine christlich-nationalistischen Anhänger glauben, der Teufel würde die Demokratische Politik treiben. QAnon Anhänger,von denen Trump sich nicht
....distanziert haben Verbindungen zum GOP Partei-Establishment und glauben die anti-semitische Verschwörungserzählung, die Demokraten würden Kinder essen und ihr Blut trinken. Für die Ausbreitung der Pandemie übernimmt Trump keine Verantwortung.
Stattdessen sei es entweder die Schuld der Demokraten, oder der Chinesen. Es zeigt sich ein extremes Gut/Böse-Denken. Das macht politischen Austausch unmöglich.
7. Militarismus: Trump bewundert Diktatoren für ihre Militär-Paraden, prahlt mit der Größen von Missiles,
, spielt mit dem Gedanken, am Wahltag Armee und Polizei einzusetzen - eine Forderung, die von viele Anhänger:innen begeistert aufgenommen wurde.
https://www.nytimes.com/2020/09/25/us/politics/trump-military-election.html
8. "purging" von angeblich Illoyalen eigenen Unterstützern
Wieder und wieder hat Trump republikan. Politiker
und Verbündete hinter sich im Staub gelassen, wenn ihm ihre Äußerungen nicht passten. Vom FBI Chef Comey verlangte er "Loyalität". Sein Staatsanwalt soll seine politischen Gegner verhaften.
9. Dramatische Inszenierung: Die Trump'schen Wahlspots und die Bildsprache, die von GOP
und christlichen Nationalisten verwendet wird, hat eindeutig propagandistische Züge, wie man sie im Faschismus findet. Massenevents, selbst während der Pandemie, sollen ein Gemeinschaftsgefühl evozieren, alles ist ausgerichtet auf den Anführer. https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-letzte-ausfahrt-eines-postdemokraten
Zudem eine menschenfeindliche Rhetorik, die auf die Gruppen abzielt, die nicht zur eigenen Gruppe gehören, die man als böse oder minderwertig betrachtet. Ich werde an dieser Stelle Trumps Äußerungen nicht zitieren, ihr kennt sie.
Eines der Hauptargumente gegen das Vorhandensein von faschistischen Zügen ist oft 1. dass es noch eine Opposition und Pressefreiheit gebe und 2. dass Faschismus eine Massenbewegung sei, Trump selbst aber zutiefst individualistisch.
Ich glaube, das greift zu kurz. Trump bezeichnet die freie Presse seit Jahren als "Feinde des Volkes", erzählt freudig von Angriffen auf Journalist:innen und hetzt gegen Pressefreiheit. Dass es Pressefreiheit (noch) gibt, heißt noch lange nicht, dass er sie als
Wert weiter beibehalten oder gar unterstützen will. Doch der Faschismus ist kein fertiges Konstrukt, er schleicht sich in eine Gesellschaft ein, normalisiert langsam das, was noch vor wenigen Jahren unvorstellbar schien. Nach wie vor spricht Trump von "kulturellen Marxisten",
hetzt gegen angebliche Sozialisten und Kommunisten. Die Sowjetunion mag es nicht mehr geben, aber das Feindbild lässt sich weiter konstruieren. 2. Trump muss selbst kein überzeugter Faschist sein (ich bezweifle, dass er sich mit den Details auskennt), damit seine Bewegung
faschistische Züge haben kann. Trump selbst ist ein Egomane - und vielleicht müssen wir uns dem Gedanken stellen, dass es in der Zeit von Social Media und "Alternativen Fakten" eine neue Form von Faschismus gibt. Politische Konstrukte sind nicht statisch, sie passen sich
ihrer Zeit an und nutzen die Werkzeuge der Zeit für sich. Die extreme Individualisierung durch Social Media einerseits, aber auch die ungeheure Mobilisierungskraft des Internets bieten faschistischen und autoritären Strömungen neue Gestaltungsmöglichkeiten.
Wer nicht erkennen will, dass sich neue Formen des Faschismus zeigen, die etwas anders aussehen als im vergangenen Jahrhundert, erkennt auch nicht ihren Beginn. Noch sind die USA eine Demokratie. Aber:
10. Demokratiefeindlichkeit ist bei Trump, der GOP und ihren Anhänger:innen
mittlerweile offen ersichtlich. Republikaner versuchen, zu verhindern, dass Demokratische Stimmen ausgezählt werden, Trump selbst will das Ergebnis nicht akzeptieren, es sei denn, er gewinnt, droht mit dem Einsatz von Militär.
1935 schrieb Sinclair Lewis’s in seinem Buch "It Can’t Happen Here": “When fascism comes to America, it will be wrapped in the flag and carrying a cross.” Das ist genau das, was wir heute in den USA als christlichen Nationalismus sehen.
Der renommierte Historiker Timothy Snyder schreibt in "On Tyranny": "The danger we now face is of a passage from the politics of inevitability to the politics of eternity, from a naive and flawed sort of democratic republic to a confused and cynical sort of fascist oligarchy”
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