Deutschland hat ein Problem mit seinen Gerichten.
Es kann nicht angehen, dass Gerichte ständig politisch getroffene Entscheidungen mit Argumenten wie „nicht ausreichend begründet“ kippen, wenn das zu beeinflussende Geschehen keinen zeitlichen Aufschub duldet. 1/x
Die Entscheidung mag sich als nicht zielführend herausstellen. Dann wäre sie a posteriori nicht verhältnismäßig. Das kann das Gericht aber nicht a priori wissen. Die Gerichte müssen mMn der Politik bei Gefahr im Verzug den Freiraum geben, u.U. Fehler dieser Art zu machen. 2/x
Stattdessen führen sie sich zunehmend wie Orakel auf, die sich anmaßen, besser in die Zukunft blicken zu können, als die versammelte Expertise der Wissenschaftler:innen, aufgrund derer die Politik schnell handelt. Dass Nicht-Handeln in die Katastrophe führt, ist unstrittig. 3/x
Wenn nun alle wissenschaftliche Erkenntnis der Politik keine Gewissheit für Entscheidungen liefern kann, täten die Gerichte gut daran, mit einer gewissen Demut gegenüber der Endlichkeit unserer menschlichen Erkenntnisfähigkeit über Fragen der Verhältnismäßigkeit zu urteilen. 4/x
Ein Beispiel: Das Nds. OVG kippt Sperrstunde und Alkoholverbot, und führt in der Urteilsbegründung an, dass laut RKI nicht erwiesen sei, dass Gastronomie und Alkoholverkauf hohe Infektionsherde darstellen. Das Gericht kann offenbar wissenschaftliche Texte nicht korrekt lesen. 5/x
Denn das RKI sagt nur, dass Gastronomie und Bars keine starken Infektionsherde zu sein *scheinen*. Es bemerkt weiter, dass von 75% der Infektionen *nicht* gesagt werden kann, wo sie her kommen. Typische Missachtung von: Absence of evidence is not evidence of absence. 6/x
Das Gericht arbeitet mMn schlampiger, als die Politik, deren Entscheidungen es beurteilt. Ein solcher elementarer Fehler darf nicht passieren, nicht bei Urteilen von solcher potentieller Tragweite für das Wohl der Gesamtbevölkerung. Mehr Demut, weniger Anmaßung, wäre geboten. 7/x
Gegenbeispiel: In Bayern hat ein Gericht einen ähnlichen Eilantrag trotz Bedenken abgewiesen, weil es den Zeitdruck aufgrund der Entwicklung des Infektionsgeschehens und sein eigenes Unvermögen einer fundierten a priori Einschätzung respektiert hat. Geht also. 8/end
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