Ich bin ja sowieso schon kritisch gegenüber der "Heinsberg-Studie" gewesen. Aber ein Punkt hat mir den Rest gegeben. Ein Thread. 1/x
Mich störte extrem, dass eine Studie von einer PR-Agentur medial begleitet wird, und zwar nicht nur in der Nutzung der Ergebnisse, sondern schon während der Erstellung. Ein mehrköpfiges Social-Media Team? Das klingt nicht nach Wissenschaft, sondern nach Propaganda. 2/x
Dann wird sie permanent "Heinsberg-Studie" genannt, also wie der Landkreis. Untersucht wird aber ein Dorf, nämlich Gangelt, gewissermaßen das Epizentrum der Seuche. Warum heißt sie nicht Gangelt-Studie? Wäre das nicht spektakulär genug? 3/x
Ebenso nennen die Forscher es eine "repräsentative Stichprobe", lassen aber offen, wofür es repräsentativ ist: Für die Bevölkerung in Gangelt. Nicht etwa repräsentativ für Deutschland oder NRW. Die Temperatur eines Landes misst man ja auch nicht in der Mitte des Vulkans. 4/x
Der Kontakt mit der Seuche war in Gangelt sehr früh und noch vor den Schutzmaßnahmen. Die Macher der Studie wissen das, lassen aber zu, dass in Medien und Politik diese Schlüsse auf Deutschland und NRW gezogen werden. Warum? 5/x
Natürlich gab es in Gangelt selbst nicht annnähernd genug Intensiv-Krankenplätze für die erkrankten Gangelter. Die wurden in umliegenden Krankenhäusern behandelt. Ein Zeichen, dass die Durchseuchung da viel intensiver war. 6/x
Am extremsten finde ich den Schluss auf die Todesrate. Nachdem man 509 Personen (gut die Hälfte der Studie) untersucht hat, verkündet man eine Todesrate von 0,37%. Das ist grundsätzlich erfreulich. Was heißt das aber? 7/x
Man habe bei etwa 15% das Virus festgestellt, heißt es. Also etwa 76 Erkankte. Wenn die Todesrate dieser Menschen 0,37% beträgt, wieviele wären dann gestorben? Genau: Eine Viertel Person. Bin ich der einzige, der sowas mal nachrechnet? 8/x
Nein, sie haben es auf die Bevölkerung Gangelts hochgerechnet: Sie gehen von 15% Infizierten in Gangelt aus - entspräche 1867 Menschen. Die Zahl an Covid-19 gestorbener Menschen in Gangelt ist 7 Personen. Man vermischt Studienergebnisse mit Zahlen außerhalb der Studie 9/x
Man rechnet also aus der Todesfällen AUßERHALB der Studie eine Sterberate, womöglich für ganz Deutschland aus sieben Fällen - Das finde ich ausgesprochen gewagt. Eine derartig kleine Grundgesamtheit ist mit statistischer Unsicherheit behaftet. 10/x
Eine Prozentrate mit zwei Stellen hinter dem Komma suggeriert eine Genauigkeit, die bei 500 Untersuchten einfach nicht sein kann. Die Genauigkeit, die die Messprobe hergibt, sind 0,2%, Selbst die Zahl Infizierter von Gangelt gäbe pro Fall eine Genauigkeit von max. 0,05% her. 11/x
Dies suggerieren von Genauigkeit in Ergebnissen, das Weglassen von Grundprinzipien in Empirie stört mich extrem. Das Wissen, dass daraus nun Folgerungen für die Gesundheit Zehntausender Menschen gezogen werden sollen macht mir Sorgen. 13/ENDE
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